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Anwendung der überarbeiteten "Ärztekammermethode" auf Zahnarztpraxen?

1. Vorbemerkung

Die im Jahr 1987 veröffentlichte "Richtlinie zur Bewertung von Arztpraxen" ("Ärztekammermethode") ist seitens der Bundesärztekammer nie offiziell verabschiedet worden. Sie wurde sowohl aus wirtschaftstheoretischer Sicht als auch aus Sicht der Sachverständigen heftig kritisiert, hat aber dennoch als eine von mehreren möglichen Bewertungsmethoden in der Praxis wie auch in der Rechtsprechung eine gewisse Verbreitung gefunden. Dies gilt vor allem für die Bewertung von Arztpraxen, in geringerem Umfang aber auch für die Bewertung von Zahnarztpraxen (für die es keine bundesweit einheitliche Richtlinie gibt).

Insbesondere im Hinblick auf die am 01.01.09 in Kraft getretene Reform des Erbschaftsteuerrechts, bei der nicht mehr die Steuerbilanzwerte, sondern die gemeinen Werte (unter Berücksichtigung der Ertragsaussichten) zu Grunde gelegt werden sollen, lohnt ein Blick auf die im Dezember 2008 erfolgten Änderungen bei der Neufassung der "Ärztekammermethode". Es steht zu befürchten, dass sie auch auf Zahnarztpraxen angewendet werden könnte.

Sowohl die alten "Richtlinien" als auch die "neuen" Hinweise teilen den gesamten Praxiswert auf in den materiellen und den immateriellen Praxiswert, die auch getrennt erfasst und bewertet werden.

Im folgenden soll die in der Neufassung der "Ärztekammermethode" geänderte Berechnungsweise des immateriellen Wertes (Goodwill oder auch ideeller Wert) dargestellt und kritisch beleuchtet werden.

2. Bewertung des Goodwills einer Zahnarztpraxis gemäß der Ärztekammermethode von 1987

Es werden die Zahlen einer Durchschnitts-Einzelpraxis in den Alten Bundesländern gemäß den "Statistischen Basisdaten zur vertragszahnärztlichen Versorgung" verwendet:

 Berechnung des immateriellen Wertes Durchschnittswerte Einzelpraxis
 Umsatz 2006 355.000
 Umsatz 2005 348.000
 Umsatz 2004 376.000
 Mittel aus den drei Umsätzen 360.000
 minus Oberarztgehalt   76.000
 = "bereinigter" Umsatz 284.000
 dividiert durch 3
 Immaterieller Wert   94.667
Quelle: KZBV: Jahrbuch 2007, Tab.:5.3

Beim Blick auf diese Tabelle fallen sofort die drei Hauptkritikpunkte an der alten "Ärztekammermethode" ins Auge:

3. Bewertung des Goodwills einer Zahnarztpraxis gemäß der Ärztekammermethode von 2008

Im Einzelnen ist zu den in den "Hinweisen zur Bewertung von Arztpraxen" verwendeten Begriffen folgendes auszuführen:

3.1 Übertragbarer Umsatz sowie übertragbare Kosten

Der durchschnittliche übertragbare Umsatz wird aus dem Mittel der Umsätze der letzten drei Jahre vor dem Bewertungszeitpunkt gebildet. Es werden folgende Korrekturen ("nicht übertragbare Umsatzanteile") vorgenommen:

Die durchschnittlich übertragbaren Kosten werden aus dem Mittel der Kosten der letzten drei Jahre vor dem Bewertungszeitpunkt gebildet; Es werden folgende Korrekturen vorgenommen::

3.2 (Zahn-)Arztgehaltn

Der Ausgangswert für 2008 beträgt unter Berücksichtigung von Facharztgehältern im Krankenhaus, bei Verbänden und in der Pharmaindustrie 76.000 €. Bei einem übertragbaren Umsatz von unter 40.000 € erfolgt kein Abzug; darüber erfolgt eine prozentuale Abstaffelung, so dass ab einem übertragbaren Umsatz von 240.000 € das "volle" alternative Arztgehalt abgesetzt wird.

3.3 Prognosefaktor

Die Höhe dieses Multiplikators hängt von der Zahl der Jahre ab, in denen von einer Patientenbindung an den alten Praxisinhaber ausgegangen werden kann (Goodwill-Reichweite). Für eine Einzelpraxis wurden pauschal 2 Jahre veranschlagt.

3.4 Wertbeeinflussende Faktoren

Der mit dem Prognosemultiplikator errechnete immaterielle Wert kann sich nun u.U. bis zu plus / minus 20% aufgrund der nachfolgenden Faktoren verändern:

3.5 Rechenbeispiel

Zum Zweck der Vergleichbarkeit werden Daten aus der gleichen Quelle und aus den gleichen Jahren wie bei der "Ärztekammermethode 1987" verwendet:


 Annahmen:
übertragbarer Umsatz 95%, übertragbare Kosten 95% übertragbarer Umsatz 90%, übertragbare Kosten 95%
      Durchschnittlicher Umsatz (s.o.) 360.000 360.000
 ./.  Korrekturbeträge   18.000   36.000
 =   übertragbarer Umsatz 342.000 324.000
 ./.  übertragb. Kosten (100%=249.000 €) 237.000 237.000
 ./.   übertragb. Kosten (100%=249.000 €) 105.000   87.000
 =   übertragbarer Gewinn   76.000   76.000
 ./.  Fach(zahn-)arztgehalt   29.000   22.000
 =    erzielbarer Gewinn 2 2
 mal Prognosefaktor   58.000   22.000
 =     Immaterieller Wert nicht erfasst nicht erfasst
  Immaterieller Wert, gesamt   58.000   22.000/strong>

4. Kritisches Fazit

Als Fortschritt gegenüber der "alten" Vorgehensweise ist zu werten, dass die Bewertung des Goodwills nicht allein umsatzbezogen erfolgt, sondern auch die Praxiskosten berücksichtigt werden. Es wurde versucht, eine Orientierung an zukünftigen Erträgen in die alte "Ärztekammermethode" einzubringen. Vom wirtschaftstheoretischen Ansatz her betrachtet ist das Ergebnis der Bemühungen eine verunglückte Vermengung verschiedener Ansätze:


Autoren des Artikels:

Dr. Detlev Nies
öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für die Bewertung von Arzt- und Zahnarztpraxen

Katja Nies
Diplomvolkswirtin
Sachverständige für die Bewertung von Arzt- und Zahnarztpraxen


Sachverständigensozietät Dr. D. Nies und K. Nies